PICK ME I’M JEWISH (PART I)

BEKENNTNISSE EINES JÜDISCHEN PICK ME GIRLS ÜBER DIE GROSSE FRAGE „SOLLTE DER PARTNER JÜDISCH SEIN?“ 

Kolumne von Michelle Senderski

Wusstet ihr, dass im jüdischen Glauben das Prinzip von „Beshert“ existiert, also einer g’ttlich prädestinierten Seelenverwandtschaft? Ehen werden dementsprechend im Himmel geschlossen und für jede jüdische Person – die eine Hälfte – existiert eine andere Hälfte, die für den jeweiligen Partner vorherbestimmt ist. 

Ich bin nie jüdisch aktiv gewesen, aber in meinen frühen Zwanzigern (19-23) war ich wirklich drauf versessen, einen jüdischen Partner zu finden. Ich habe die erste Zeit aktiv alles daran gesetzt, so jemanden auf die eine oder andere Weise kennenzulernen. Manche würden das als „verzweifelt“ bezeichnen, ich tendiere eher zum Begriff „proaktiv“. Ich muss nicht Sophie Passmanns Buch „Pick Me Girls“ gelesen haben, um zu sagen, dass ich definitiv ein Pick Me Girl war – in der jüdischen Version. Ich war auf wirklich vielen Shabbats, auf Shabbatons, jüdischen Events, Kongressen und der jüdischen Version von Tinder – J Swipe – mit dem Ziel, den EINEN Juden zu finden, ihm zu zeigen, dass ich perfekt bin und doch anders als die anderen. Ich hatte meine Outfits, ich hatte meine Make-up Routine und ich hatte mein festes Set an Smalltalk-Themen. Ich ließ mich mehrmals unglücklich von Freunden, Bekannten und Familie verkuppeln und kam in Situationen, die im Nachgang für viel Unterhaltung sorgten und immer damit endeten, dass ich mir schwor, das nie wieder zu tun. Aber ehe ich mich versah, installierte ich wieder J Swipe. 

Ich fühlte mich in dieser Zeit wie eine Werbetafel für einen x-beliebigen Proteinriegel, der seinen potenziellen Käufer von sich überzeugen muss, aber neben so viel Überangebot an anderen Proteinriegeln untergehen wird. Jedes Date und jeder potenzielle Partner waren in meinen Augen das gegenseitige Abarbeiten einer Checkliste nach Aussehen, Beruf, Fähigkeiten, Kenntnissen, Interessen, finanziellem Status, aber liefen immer auf das Argument hinaus „Hauptsache jüdisch“. Um ganz ehrlich zu sein, datete ich lange nach dem „Hauptsache jüdisch“-Prinzip … und um noch ehrlicher zu sein: diese
Männer mich wahrscheinlich auch.

Ich war mal zu viel, mal zu wenig, die, die man vor der Richtigen trifft, die „Anhängliche“, die, die mal zu sehr liebte, die, die mal zu wenig liebte, die „Negative“, die Rechthaberische, die Spaßbremse oder die, die sich nicht richtig für das Gegenüber interessierte. Ich war somit für viele eben die „Falsche“ (und das sage ich nicht etwa aus Verbitterung, sondern, weil es wirklich so war).

Und um fair zu bleiben, waren auch dieseMänner für mich aufgrund diverser Gründe „falsch“ bzw. unpassend. Manche verließen mich und manche wurden von mir verlassen. Keiner trug dabei die alleinige Schuld. Und das, obwohl Männer, und vor allem Juden, ja bekanntlich immer an allem schuld sein müssten, oder?
Im Laufe meiner Recherchen zu dem Thema redete ich mit Rabbis, mit Familien und Freunden und merkte erst da, wie vielschichtig dieses Thema „jüdischer Partner“ eigentlich ist und wie viele Themen die Partnerwahl im Judentum aufmacht.

In dieser fortlaufenden Kolumne freue ich
mich, künftig auch eure persönlichen
Geschichten zu erzählen!


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