Ein Artikel von Antonia Sternberger.
Mit großer Anspannung wurde die Amtsübernahme Donald Trumps erwartet, unsicher wartete die Welt darauf, was der nun 47. US-Präsident am Tag seiner Amtseinführung verkünden, wie er sich verhalten und über welchen Faux-Pas die Medien wohl am meisten berichten würden. Die große Überraschung: Donald Trump selbst gerät bei der Berichterstattung über den gestrigen Tag beinahe in den Hintergrund. Überschattet wird er von demjenigen, der sich schon während des Wahlkampfes an seine Seite stellte, Millionen Dollar in seine Kandidatur steckte und sogar ein eigenes Büro im Weißen Haus erhalten soll: Elon Musk. Der reichste Mann der Welt zeigte während Trumps Amtseinführung den Hitlergruß. Diese Geste ist das Gesprächsthema Nummer Eins – auf allen Seiten des politischen Spektrums. Die einen kritisieren Musk und fühlen sich in ihrer Meinung dahingehend bestätigt, dass Musk schon immer rechtsextrem gewesen sei und dies der endgültige Beweis sei. Die anderen nehmen ihn in Schutz und stellen auf seine Neurodivergenz ab, behaupten, dass es sich um einen „römischen Gruß“ handele und dass Elon Musk nun mal besonders exzentrisch sei.
Doch gerade für die treuen Musk-Apologeten sollte der Zeitpunkt gekommen sein, an dem sich einzugestehen ist, dass ihr Vorbild sich nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bewegt. Überraschung, ob dieser zu verschmähenden Geste, ist unangebracht. Belegt sie doch nur, dass viele Menschen weltweit sich nicht mit Elon Musks Weltbild auseinandersetzen wollten. Abseits seiner Business-Ventures, seinem Vorhaben, den Mars zu bewohnen und der Zeugung von einem Dutzend Kinder, wurde in den letzten Jahren Musks Faszination für totalitäre und faschistische Regime und Ideologien immer offensichtlicher. Seine Unterstützung und Beeinflussung von Donald Trump ist also nicht der Beginn, sondern lediglich der bisherige Höhepunkt seiner Reise in die Welt der menschenfeindlichen Ideologien.
Während der Corona-Pandemie machte Elon Musk mit antisemitischen Kommentaren über George Soros auf sich aufmerksam, in denen er ihm eine Weltverschwörung vorwarf. Auch Soros‘ Sohn, Alexander Soros, der sich während des Wahlkampfes für die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris aussprach, wurde nicht verschont. Musk kommentierte diese Unterstützung mit den Worten: „Ich möchte mich nur bei Alexander Soros bedanken, dass er nicht alle im Ungewissen lässt, wer die nächste Marionette sein wird.“ Weiter schrieb er, dass nun die wirklich Mächtigen dabei seien, alte Marionetten gegen neue auszutauschen. Auch hier knüpfte Elon Musk, an die antisemitische Verschwörungstheorie an, dass Juden die Geschicke der Welt lenken würden. Im November 2023 reagierte der Milliardär mit dem Statement „Du hast die Wahrheit gesagt“ auf einen Post auf X (ehemals Twitter), in dem die rechtsextreme Verschwörungserzählung, dass „Juden, Hass gegen Weiße schüren“ würden, verbreitet wurde. Um sich von den Vorwürfen des Antisemitismus reinzuwaschen, besuchte er sogleich im Januar 2024 das ehemalige Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz. Denn wir wissen ja – wer eine solche Gedenkstätte besucht, kann unmöglich antisemitisch sein und legt jegliches antisemitisches Gedankengut beim Betreten, wie einen Mantel ab.
Nun also, das euphorische Zeigen des Hitlergrußes, der angeblich keiner war. Wer’s glaubt. Amerikanische Rechtsextreme feiern ihr neues Idol für das stolze Zeigen dieser Geste in der Öffentlichkeit, was aufzeigt, dass das Heben des ausgestreckten rechten Arms nur so interpretiert werden kann. Sieht man sich die Videoaufnahmen an, kann man selbst beim besten Willen zu keinem anderen Schluss kommen als dem, dass es sich um einen zweifachen Hitlergruß handelt. Da hilft es auch nicht, dass die ADL sich auf Twitter schützend vor Elon Musk zu stellen scheint und in einem Statement von einer „seltsamen Geste“ spricht, das Vorliegen eines „Hitlergrußes“ ablehnt und auf die „angespannten Verhältnisse“ verweist. Diese Reaktion führt eher zu einem Kopfschütteln und bringt den leider nicht unberechtigten Vorwurf der Doppelmoral hervor. Zu Recht hat die Anti-Defamation League, den gerade an Universitäten hervorquellenden Antisemitismus lautstark kritisiert, das Zeigen von Hitlergrüßen auf Pro-Palästina-Demonstrationen verurteilt und möchte die von Elon Musk gezeigte Geste nun anders interpretieren als 99 Prozent der Weltöffentlichkeit?
Elon Musk hat durch das Zeigen des Hitlergrußes ein weiteres Mal sein antisemitisches und rechtsextremes Weltbild offenbart und es ist an der Zeit, dass dieses nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland als solches benannt und behandelt wird. Die Zeiten, in denen der FDP-Vorsitzende Christian Lindner davon sprach, dass man „mehr Musk und Milei wagen müsste“, müssen mit diesem Eklat ihr Ende finden. Die Zeiten, in denen Redakteur*innen konservativerer Zeitungen sich schützend und anhimmelnd vor diesen Mann stellen und seinen Antisemitismus hinwegreden, müssen vorbei sein. Man kann sich nicht als stolzen Kämpfer gegen Antisemitismus darstellen und im selben Atemzug, den offensichtlichen Judenhass Musks unter den Teppich kehren wollen, nur weil er nicht aus dem linken politischen Lager stammt. Dann ist man nämlich nur eines: kein Kämpfer*in gegen Antisemitismus, sondern ein Heuchler.