Jewish Women Empowerment nach dem 07.10.
10/10/24
Maya Roisman ist Künstlerin und politische Bildnerin. Sie engagiert sich im Vorstand des Verbands jüdischer Studierender Hessen, bei Keshet Deutschland e.V. und als Kulturredakteurin im EDA-Magazin.
In meinem Magen vermischen sich vor dem Jewish Women Empowerment Summit 2024 die Gefühle. Begriffe, wie „Intersektionalität“, „Safer Space“, „Allyship“, die wir uns in den letzten Jahren erarbeitet haben, hallen als leere Floskeln wider. Jetzt sitzen wir vor einem Scherbenhaufen. Ich gehe rein mit der Hoffnung, eine Stimme im Kanon des gegenseitigen Empowerments sein zu können. Mit der Angst davor, die anderen könnten Worte für das eigene Leid finden, die permanent unterdrückt werden, um zu funktionieren.
Laura Cazés‘ Begrüßung gipfelt in der Anerkennung einer Sprachlosigkeit. Die Gesichter im Publikum spiegeln diese Wahrnehmung, sie wird zu einem kollektiven Phänomen. Was wir nicht aussprechen können, spielt Lisa Ullrich in einer szenischen Lesung des Instituts für neue Soziale Plastik mit ihrer Stimme und ihrem Körper vor. Sie wird zur israelischen Mutter, die vergeblich auf eine Nachricht ihres Sohnes wartet, zur Jüdin in der Diaspora, deren Weltbild zerrüttet ist.
Manchmal ergreift uns das Bedürfnis, Unbegreifliches zu rationalisieren. Der sprachliche Raum wird dann auf einer wissenschaftlichen Ebene eröffnet. Mit einer Einordnung der sexualisierten Gewalt, ihrer Leugnung durch feministische Organisationen, der Folgen für uns.
Es sind FLINTA* wie die Juristin Cochav Elkayam-Levy, die fast schon mit Tränen in den Augen zu uns sprechend, als Expertin all ihre Mittel für die Anerkennung der Sexualverbrechen der Hamas einsetzt. Oder die Psychologin Marina Chernivsky, die uns, trotz düsterer Aussichten für Betroffene von Antisemitismus, mit der Zuversicht in ihrer Stimme Halt bietet.
Es wundert nicht, dass es gerade FLINTA* Allies sind, in denen wir eine tiefe Verbindung zu unseren Schicksalen erkennen. Mein Atem bleibt stehen, als Ronya Othmann daran erinnert, dass es jüdische Frauen* waren, die Jesidinnen 2014 unterstützten, als der IS sie verschleppte und vergewaltigte. Um es mit ihren Worten zu sagen: „Wir werden es euch nie vergessen“. Oder mit einem anonymen Zitat ausgedrückt: „Wir sind nicht die einzigen, die im Arsch sind“.
Es sind übrigens auch FLINTA* wie ruth__lol, die unsere Mental Breakdowns auf Instagram durch Humor behandelt.
Eine Besprechung von Coping-Mechanismen durch Food Prep TikToks, einen feministischen Selbstverteidigungskurs, einen Vulva Workshop, gescheiterte Princess Charming Bewerbung und eine gemeinsame Meditation später:
Der Summit war für viele eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Taubheitsgefühl – Vorwürfen an sich selbst, nicht genug zu tun, nicht das Richtige zu fühlen oder es nicht auf die richtige Art ausdrücken zu können. Die Empowerment-Erfahrung lag darin, zu erkennen, dass es Frauen in verschiedenen (ja, vielleicht sogar in allen) Lebensbereichen gibt, die handeln und unsere jüdischen Kämpfe kämpfen. Delphine Horvilleur offenbarte uns eine weitere Bedeutungsebene des hebräischen Begriffs „Tikkun“ als „Weben“ – Die Anerkennung dessen, dass Dinge, die zerbrochen, nicht in die ursprüngliche Form zu bringen sind, aber wir sie zu etwas Neuen verweben können.