Buchvorstellung von „Judenhass Underground- Antisemitismus in emanzipatorischen Subkulturen und Bewegungen“

01/08/2024

Nicholas Potter ist Redakteur bei der taz und Mitherausgeber des Buches „Judenhass Underground“. Seine Artikel sind auch in Zeitungen wie Guardian, Tagesspiegel, Haaretz und Jüdische Allgemeine erschienen.

Die Berichte von jüdischen Studierenden machen mich fassungslos. Es darf nicht sein, dass Jüdinnen und Juden sich an ihren Hochschulen unsicher fühlen – erst recht nicht im Land der Shoah. Dass terrorverherrlichende Parolen auftauchen, wie die roten Dreiecke der Hamas, auch an der FU, ist ein Dammbruch. Antisemitischer Terror hat keinen Platz an der Uni. Und der 7. Oktober muss als das klar benannt werden, was er ist: eine barbarische Gewalttat gegen Zivilisten, Frauen, Kinder, Senioren, die durch nichts zu rechtfertigen ist. Uni-Besetzungen sind eine wichtige Protestform mit einer langen Tradition. Was aber nicht geht: Antisemitisch aufgeladene Demonstrationen, die jüdische Studierende einschüchtern und den Lehrbetrieb mit antiisraelischer Hetze stören. Diese Drohkulisse an der FU hat bereits zu realer Gewalt geführt, wie der Fall von Lahav Shapira zeigt. Umso wichtiger fanden wir es, unser Buch „Judenhass Underground“ an der FU vorzustellen. Wir wollen damit ein Zeichen setzen und Mut machen. Antisemitismus muss man laut und konsequent kritisieren, auch in linken Milieus, auch an Hochschulen. Es ist wichtig, dass auch nicht-jüdische Studierende, Dozent*innen und Professor*innen zeigen: Jüdinnen und Juden sind nicht allein. Wir brauchen eine Brandmauer gegen Antisemitismus. Und dessen Bekämpfung geht uns alle an.

Deborah Kogan ist Vizepräsidentin der JSUD und EDA Redaktionsmitglied.

Am 2. Juli 2024 fand an der Freien Universität Berlin die Buchvorstellung von „Judenhass Underground: Antisemitismus in emanzipatorischen Subkulturen und Bewegungen“ statt, herausgegeben von Nicholas Potter und Stefan Lauer. Die Lesung mit anschließender Diskussion wurde von Anastasia Tikhomirova moderiert und von der Hochschulgruppe Chaverim@FU organisiert. Inhalt war die kritische Auseinandersetzung mit dem oft übersehenen Phänomen des Antisemitismus in progressiven und emanzipatorischen Kontexten.

Die Wahl der FU als Veranstaltungsort war nicht zufällig. In den vergangenen Monaten gab es immer wieder antisemitische Vorfälle an der Universität, die die Dringlichkeit unterstrichen, sich mit solchen Themen auseinanderzusetzen. Besonders besorgniserregend war die Zunahme antisemitischer Demonstrationen, die jüdische Studierende bedrohten und einschüchterten. Ein prägnantes Beispiel für solche Bedrohungen ist der Fall von Lahav Shapira, der im Februar von einem Kommilitonen angegriffen und niedergeschlagen wurde. Vor diesem Hintergrund war die Veranstaltung nicht nur eine Gelegenheit, sich mit dem Thema Antisemitismus in emanzipatorischen Subkulturen auseinanderzusetzen, sondern auch ein deutliches Signal für die Notwendigkeit von Diskussion und Reflexion innerhalb akademischer und kultureller Institutionen.

Das Event konzentrierte sich dabei bewusst auf Antisemitismus im Allgemeinen und nicht auf den Nahostkonflikt. Dennoch war es notwendig die Sicherheit zu erhöhen, um sicherzustellen, dass der Austausch respektvoll und sicher ablief.

Der Nachmittag bot wertvolle Einsichten und Perspektiven auf die oft subtile und verkappte Form des Antisemitismus, die in progressiven Bewegungen vorkommen kann. Die Herausgeber Potter und Lauer beleuchteten, wie altbekannte antisemitische Mythen in neuen, scheinbar emanzipatorischen Kontexten wieder auftauchen und wie dies die Betroffenen in solchen Szenen beeinflusst. Die Veranstaltung zeigte eindrucksvoll, wie wichtig es ist, auch in progressiven und kritischen Kreisen wachsam gegenüber Antisemitismus zu bleiben und solche Themen offen anzusprechen.

Die kritische, aber konstruktive Diskussion zeigte, dass die Auseinandersetzung mit Antisemitismus in allen gesellschaftlichen Kontexten notwendig ist. Es ging darum, Lösungen und Ansätze zu finden, um solche Vorurteile und Diskriminierungen zu bekämpfen und Solidarität mit Betroffenen zu zeigen.