von David Gladilin
Dieser Text erschien zuerst in der EDA III (September 2025).
Ich hatte vermutlich Glück. Ich konnte mit 17 Jahren anfangen zu studieren. Das habe ich dem ehemaligen G8-Abitur und der 2011 ausgesetzten Wehrpflicht zu verdanken. Die nun bevorstehenden Abiturjahrgänge werden wohl erst im Alter von 20 Jahren in Studium und Ausbildung starten können.
Besser spät als nie. Deutschland ist sich der Notwendigkeit der eigenen Verteidigungsfähigkeit bewusst geworden. Dafür wird jetzt wieder die Jugend in die Pflicht genommen; natürlich nicht ohne ihren Trotz und Gegenwehr. Dies ist vor allem nach den Strapazen der Coronapandemie vollkommen nachvollziehbar.
Doch neben der allgemeinen Wehrpflichtdebatte entflammt auch wieder die spezifisch jüdische. Es gibt Juden, die diese ablehnen. Die Begründung dafür ist historischer Natur, wobei eine Parallele zur Wehrmacht gezogen wird. Dies löst bei mir ein mulmiges Gefühl aus.
Kurzer Rückblick. Im Rahmen der Wehrpflicht galt es als besondere Härte, wenn die eigenen Eltern oder Großeltern vom NS-Regime verfolgt worden waren. In diesen Fällen erließ man den jungen jüdischen Männern die Musterung und den Wehrdienst.
2025. Vor 80 Jahren kapitulierte die Wehrmacht und wurde von den Alliierten aufgelöst. 10 Jahre darauf wurde die Bundeswehr gegründet und trat der NATO bei.
Wir haben noch die Dolchstoßlegende – wonach im Ersten Weltkrieg die Juden, obwohl 100.000 von ihnen an der Front kämpften, neben den Sozialisten und Kommunisten das Land von innen zersetzt hätten – im Hinterkopf sowie, dass unsere Großeltern in irgendeiner Form unter den Nationalsozialisten gelitten haben.
Was ist die Bundeswehr nun? Zwischen der Bundeswehr und der Wehrmacht besteht heute jedenfalls weder ideelle noch personelle Identität. Die Bundeswehr ist unsere freiheitlich demokratische Parlamentsarmee, die im Bündnis der NATO unsere Freiheit und westlichen Werte verteidigt. Die Bundeswehr ist das Abbild unserer Gesellschaft und ihrer Werte und – sie schützt auch uns.
Wenn uns die Bundeswehr unzumutbar sein soll, ist es dann nicht auch Deutschland?
Wir haben die Möglichkeit, unser Land und unsere Bundeswehr gleichberechtigt mitzugestalten, anstatt dem Opfernarrativ zu verfallen. Respekt gebührt jedem, der sich dem Gemeinwohl verpflichtet und insbesondere die zu kurzen Nächte bis zum Morgenappell auf der Kasernenstube verbringt. Unser Wohl und Wehe liegt in den Händen der Bundeswehr und wir sollten das nicht aus den Händen geben.

