Das ist doch ein Witz, oder?

Wie oft komme ich eigentlich überhaupt nicht klar? Sitze da, fasse mir an den Kopf und denke: Hast du gerade ernsthaft nichts gesagt? 
Nicht, weil ich nichts zu sagen gehabt hätte. Ich konnte auf die Absurdität meines Gegenübers einfach nicht vorbereitet sein. Ein Gegenüber in Form eines Menschen, eines Textes oder anderer äußerer Einflüsse ist nicht zwingend notwendig. Es muss sich keinem Aggregatzustand unterordnen lassen, da wir alle genügend selbstzerstörende Gedanken in uns tragen, die vom Patriarchat großgezogen wurden. Gedanken, die unser Selbst, unsere Individualität und unsere Wahrnehmung beeinträchtigen.

Das kann doch nicht dein Ernst sein! Warum denkst du sowas? Warum sagst du sowas? Warum verhältst du dich so? Das ist doch ein Witz, oder?

Ich möchte in dieser Kolumne solche Momente sammeln. Politische Alltagsprovokationen, die einen fassungslos machen. Momente, die nicht zwangsläufig auf Boshaftigkeit beruhen. Die oftmals eher ein blinder Fleck, Unwissenheit, Gedankenlosigkeit oder Ignoranz sind. Aber wie sagt man nochmal so schön: „Dummheit schützt vor Strafe nicht.“  Zwar ist mein Ziel keine Bestrafung, sondern Klarheit. Klarheit, auf die, im besten Falle, Konsequenzen folgen. Konsequenzen in Form von Verantwortung für das eigene Verhalten und Verständnis für das der anderen.
Angewandten Feminismus leben. Denkanstöße liefern und hier und da mal eine Empfehlung. Vielleicht, um beim nächsten Mal besser vorbereitet zu sein. Vielleicht, um eine neue Sichtweise zu transportieren. Vielleicht, um sich Gehör zu verschaffen. Vielleicht, um Wut rauszulassen. Vielleicht einfach nur, um Raum einzunehmen.

Vielleicht aber auch, um etwas Leichtigkeit zu liefern, um mal zu lachen, um mal loslassen zu können. Vielleicht führt es dazu, zu verstehen, dass einem gegenüber nicht nur ein Mensch mit einer erniedrigenden, undurchdachten Meinung sitzt. Sondern, dass das Gegenüber ein gesellschaftliches, strukturelles Problem verkörpert, das verlangt, benannt zu werden. Klarheit → Konsequenz.

Es ist mir wichtig zu vermitteln, dass es unendlich viele Sichtweisen auf dieser Welt gibt und unzählige Stimmen existieren, die mehr Sichtbarkeit – oder überhaupt erst welche – verdienen.

Ich fand mich schon oft in Situationen wieder, in denen ich mich alleine gefühlt habe. In denen ich mich übergangen gefühlt habe. In denen ich anderen Stimmen untergeordnet wurde, weil es meine so nicht gab. Ein beschissenes Gefühl.

Ich stehe für Sichtbarkeit und freue mich deshalb auch sehr über Themenvorschläge, die von Euch kommen. Ich habe jetzt diese Plattform und will sie nicht allein für mich behalten, sondern nutzen, um Vielschichtigkeit zu transportieren. Meine Stimme ist intersektional-feministisch, queer, neurodivergent, links, kommt aus dem Handwerk, beginnt jetzt ein Studium – und ach ja, gleichzeitig jüdisch.

Ich verkörpere nicht nur eine Identität, sondern setze mich aus verschiedenen, sich stetig entwickelnden Identitäten zusammen – und so wird es auch diese Kolumne tun. Es ist ein Anfang. Was genau daraus wird, werden wir erst im Laufe der Zeit sehen. Oder, wie meine gute Freundin einst so schön sagte: „Der Weg ist die Reise.“

Ich freue mich – und ich hoffe, ihr freut euch auch :*