Kunst, Kultur, Kill a Zionist -Was uns Kunst (nicht) sagen sollte

von Joel Ben-Joseph

„Death to Israel – Kill a Zionist“ – prangte klar lesbar für alle Besucher*innen an einer Wand des diesjährigen Sommerrundgangs der UdK. Es handelte sich dabei aber nicht um ein Kunstwerk, sondern um eine der Dutzenden gleichartigen Schmierereien. Obwohl einige Graffitis während des Rundgangs entfernt wurden, wirkte dieser Satz nicht fehl am Platz, sondern wie ein Echo des Rundgangs.


Teil des Erlebnisses des Rundgangs ist auch, dass die Grenzen zwischen eingerahmten Kunstwerken und ihren umliegenden Wänden verschwimmen, so wie auch in jener Schmiererei zwischen politischen Statements und morddrohender Reviermarkierung. Trotzdem gab es auch einige Kunst, die begeistern oder inspirieren konnte und dem politischen Lärm etwas entgegensetzte.

Darunter auch ein sympathisch‑humorvolles Werk, welches das Wort “Verballhornung” in sein Zentrum stellte. Ein schön schräges Wort, welches im Kunstwerk selbst noch definiert wird, als „etwas durch vermeintliches Verbessern zu verschlimmern“. In diesem Kunstwerk schien mir eine überraschend präzise Kritik an so manchen anderen Arbeiten des Rundgangs und auch an dem einzig noch relevant erscheinenden Aktivismus der UdK-Studis zu stecken.

Denn auch wenn sich vieles der ausgestellten Kunst politisch gab, blieb es inhaltlich oft eindimensional. Gaza war als Thema am deutlichsten vertreten und am plakativsten inszeniert. Andere Themen wie Feminismus, Kapitalismuskritik, Wohnungsnot, selbst Postkolonialismus wirkten wie beiläufige Nebenschauplätze.

Und wenn Antisemitismus überhaupt thematisiert wurde, dann in verdrehter Weise. Auf einem der zahlreichen Flugblätter im Hof stand etwa: „The German urge to find antisemitism anywhere other than within German institutions.

Dieser Satz spielt auf strukturelle Rassismustheorien an, missversteht sie aber zugleich. Zwar sind deutsche Institutionen auch tatsächlich antisemitisch (Überraschung!), doch wenn jüdische Menschen antisemitische Gewalt anprangern, die von Einzelpersonen oder kleineren Gruppen ausgeübt wird, dann geschieht das nicht in Verteidigung dieser Institutionen. Sondern in dem Bewusstsein, dass Antisemitismus eben durch die gegenseitig verstärkende Dynamik von individuellem Hass sowie institutionalisierter Unterdrückung zu der Bedrohung wird, die der Antisemitismus noch immer ist.


Weil das kritische Auge erst geschult werden muss, sollte eine Kunstakademie wie die UdK kein Ort sein, an dem Kunst zum identitären Aktivismus verballhornt wird. Es sollte eine Bildungsstätte sein, die dazu bewegt, die eigene Wahrnehmungsgabe zu vertiefen, um sich der Widersprüchlichkeit der Welt zu stellen, statt sich mit Gut-Böse Schubladen zufrieden zu geben.